Sterbende Soldat (der)

1) Die Sonne sank nach Westen, 
Mit ihr so schwand die Schlacht.
Sie deckt mit ihrem Schleier
Die stille, kühle Nacht.

2) Dort unter vielen Toten
Lage sterbend ein Soldat,
Es knit an seiner Seite
Sein bester Kamerad.

3) Es neigt sein Haupt zum andren
Der Sterbende und spricht :
« Vernimm, du treuer Bruder,
Was mir am Herzen liegt !

4) Nimm diesen Ring vom Finger,
Wenn ich gestorben bin,
Und alle meine Briefe,
Die im Tornister sind.

5) Und sollte dich einst führen
Zur Heimat das Geschick,
So bringe meinem Liebchen
Dies teure Pfand zurück.

6) Und bin ich auch geblieben
Bei Sedan nun zurück,
Werd ich im Himmel beten
Noch für ihr ferneres Glück.

7) Hat sie mit einem andern
Der Priester einst vereint,
So soll sie nochmals denken
An den gefallnen Freund.

8) Und sag, ich sei geblieben
Bei Sedan in der Schlacht,
Hab in den letzten Zügen
Der Liebsten noch gedacht.

9) Sag auch meinen lieben Eltern
Den schönen Dank für mich,
Dass sie mich so gut erzogen,
Kann sterben als ein Christ.

10) Du sagst es meinen Geschwistern,
Ich geh aus dieser Welt,
Und meine matten Glieder
Ruhn auf dem Schlachtenfeld.

11) So lass mich Abschied nehmen,
Gib mir den letzten Kuss !
Ich fühle, dass ich sterbe
Und von dir scheiden muss. »

12) Die Sonne, Mond und Sterne
Mit ihrem Silberlicht,
Die scheinen dem Soldaten
Ins bleiche Angesicht.

13) Den Tag nach der Schlacht bei Sedan
Grub man ein tiefes Grab,
Da senkte man die Braven
Zu Tausenden hinab.

14) Und die Hornisten bliesen
Im dumpfen Trauerton :
Hier, Mädchen, ruht dein Liebchen !
Hier, Mutter, ruht dein Sohn !

Limersheim 1911

Source
« Das Volkslied im Elsass », Joseph Lefftz, vol. 1,  page 297 (voir la bibliographie)

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